Der Weg entsteht, wenn man ihn geht
Es sind wie zwei
Welten zwischen denen ich unterscheiden muss. Als ich zu meiner
letzten Schicht ins Spital gefahren bin, hab ich mir schon überlegt,
warum ich das mache. Warum gebe ich einen sicheren Alltag auf? Es
wäre doch so einfach, eine Wohnung, ein Dach über dem Kopf wenn es
regnet und stürmt, ein festes Einkommen, die gewohnten Leute um sich
herum, alles wie gewohnt laufen zu lassen.. Ein komisches Gefühl
überfällt mich.
Ja, ich bin schon
recht viel unterwegs gewesen und trotzdem fällt es mir doch nicht so
leicht los zu fahren. Warum, weiss ich nicht. Meine Sachen sind
vorsortiert und fertig zum einpacken. Alles ist organisiert und
abgesichert. Zugeben ich bin nicht gaaanz so organisiert wie vor 3
Jahren und das ist gut so.
„Wenn es ein
Motorrad wäre, würde ich Dich beneiden!“ Das sind die
Abschiedsworte von Riccardo, meinem WG-Partner. Diesmal geht es mit
dem Fahrrad auf Tour. Ganz genau weiss ich nicht wie, was und wohin.
Auf jeden Fall bin ich mir nach dem bepacken meines gelben Bikes
letztendlich wirklich nicht sicher, was ich da wohl tue.
Freitag, 1.5.15, 14 Uhr, Regen und zarte 10 Grad machen mir das losfahren nicht einfacher!
Das Swiss Travel
Festival in Luzern ist mein Startpunkt. Bis nach Rotkreuz nehme ich
den Zug. Es sind daher nur 11km bis nach Landquart. Das Fahren mit
Gepäck ist Übungssache, ich hoffe ich lerne schnell dazu. Von
Rotkreuz bis nach Meierskappel sind es nur 4 km, es regnet in Strömen
und ich komme auf dem Campingplatz total durchnässt an.
Ich wähle
einen Platz neben der VW-Büssli Truppe, gleich kommt Caro und fragt
ob sie mir beim Zeltaufbau helfen kann. Super, dann geht’s nochmal
schneller. Und schon sitze ich bei Ihnen unter der Plane und grille
eine Bärlauchwurst. Die erste (verregnete) Nacht im neuen
Hillebergzelt wird auch gleich zur Taufe! Jetzt kann nix mehr schief
gehen.
Das Wochenende war
sehr schön, es gab interessante Vorträge. Die Lust aufs Reisen ist
definitiv gestiegen. Während die anderen am Sonntag wieder einpacken
um nach Hause zu fahren, geht meine Reise nun los! Als erstes wird
mein Start noch versüsst. Ich besuche Christinita :-) in Luzern. Wir
verbringen einen schönen Tag in der Stadt am Vierwaldstättersee und
haben uns natürlich sehr viel zu erzählen.
Am Dienstag breche
ich dann Richtung Süden auf. Zu meinem Glück ist das Wetter sehr
angenehm zum radeln und Christina begleitet mich die ersten 30km.
Vielen Dank und das erste Abenteuer, einer wirklich riskanten ;-)
Wasserdurchfahrt, haben wir beide bestanden.
Sie verabschiedet
sich von mir am Sarnersee und für mich heisst es weiter strampeln.
In Giswil stehe ich dann vor diesem Schild. Mir fällt die Kinnlade
runter, was soll´s da muss ich jetzt wohl rauf! Auf 2 km 200 Hm sind
wohl 12% Steigung, oder 10°. Mir kommt ein Ratschlag in den Sinn, wenn es irgendwie möglich
ist, soll gefahren werden. Schieben ist noch viel anstrengender. Das
ist vollkommen richtig, hab es hier ausprobiert. Also kleinster Gang
rein und kräftig treten. Unglaublich was da mit einem passiert, ca.
alle 100 – 150m muss ich kurz anhalten. Nach den ersten 300m
überholen mich drei ältere Herrschaften, erzählend und lachend auf
ihren lässigen Elektrorädern. Hm... hätte ich mir vielleicht doch
so was zu legen sollen. Nun, nach immerhin 50 min bin ich oben.
Glücklich es geschafft zu haben!
eindrückliche Kirche in Lundern |
Der Brünigpass war
dann nur noch eine Kleinigkeit, auf 5km 300Hm. Wieder waren schwere Gewitter und
Regenschauer vorhergesagt, daher hab ich mir eine Matratze im
Touristenlager Hotel Waldegg auf der Passhöhe (1070müM) gegönnt.
Via Veloweg Nr.9 komme ich über wunderschöne Strassen und Wege bei schönem Wetter in Interlaken an. Und manchmal hatte ich auch Glück und kam aus der richtigen Richtung :-)
Am Abend zeigten sich Eiger, Mönch und Jungfrau bei wunderschönen Licht.
Während ich so
dahin radel, komme ich immer wieder zu meiner Frage vom Anfang
zurück. Mittlerweile muss ich sagen, das es völlig wahr ist, dass
das Abenteuer erst ausserhalb der Komfortzone beginnt. Der Schritt
die eigene Komfortzone zu verlassen ist der schwierigste. Nicht das
ich das nicht schon gewusst hätte, es wurde mir wieder einmal
viel mehr bewusst!
http://observationdeck.io9.com/the-morning-open-thread-comfort-zone-edition-1688882851 |
In dem letzten Jahr
ist so viel passiert und ich bin so dankbar dafür, dass es so passiert
ist. Ich habe wirklich nette Leute kennengelernt, einige sind wieder
verschwunden und haben trotzdem meinen Weg geprägt. Ich kann und
will nicht sauer darauf sein, das schöne Zeiten vorbei gehen. Jeder
bestimmt seine Komfortzone und seine Abenteuerlust selbst. Jetzt bin
ich da wo ich bin und ich geniesse es.
„Der Weg entsteht beim
Gehen. Mal sehen, wohin er führt.“
Dieser Satz trifft es für mich
auf den Punkt. Im Buch von Meike Winnemuth „Das grosse Los“
begibt sie sich ebenfalls aus ihrer Komfortzone heraus, sie entdeckt
in 12 Monaten 12 Städte und lebt dort. Lesenswertes Buch falls man
über den Tellerrand hinausschauen möchte.
„Alles mit den eigenen
Augen sehen, nichts voraussetzen, nichts mutmassen.
Sonst wird man ja
doch nur widerlegt.“
Mokie
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