"Demut gebietend und erhebend zugleich,
kaum etwas in der Natur flösst uns so viel Erfurcht ein
wie der Anblick von Bergen."
(Kofi Annan, ghananischer Diplomat und Friedensnobelpreisträger)
Seit einer Woche
hänge ich in Corte fest. Das kleine Wanderparadies in der Mitte der
Insel. Hier tausche ich mein Fahrrad gegen die Wanderschuhe ein.
Doch vorher habe ich
noch eine grössere Challenge. Von Porto (Meereshöhe) aus führt
mich mein Weg auf den höchst zu befahrenen Pass in Korsika, der Col
de Verghio (1477m). Eine radelnde Holländertruppe rät mir vom Pass
ab, sei viel zu steil – zwischendrin bis zu 20% Steigung! Ups...
das recherchiere ich dann erstmal und siehe da, dem ist nicht so.
Eingeschworen von der Landy Family starte ich früh am Morgen
(6:30Uhr) in Porto.
Es ist frisch, kein Mensch auf der Strasse und
ein wirklich schöner Sonnenaufgang begleitet mich. Ganz langsam und
stetig spule ich Kilometer um Kilometer ab. Uschi und Hobi hab ich
gebeten ggf mir etwas Wasser zu spendieren, sie sind mit dem Auto
unterwegs und wollen den Pass heute auch fahren.
So früh am Morgen schlafen sogar die Schweine noch... |
Die orangeglänzende
Bergkulisse entschädigt für die Anstrengung schon während dem
Aufstieg. Gegen 9 Uhr beginnt langsam der Verkehr einige Motorräder
überholen mich und bis Evisa (mein ersten Ziel auf 900müM) auch nur
ein Rennvelo!
Pünktlich wie verabredet treffe ich um 10 Uhr in Evisa
am Aussichtspunkt auf Uschi und Hobi. Nach meinem zweiten Frühstück
geht es weiter. Ich fühle mich sehr gut. Die Strasse führt durch
einen schönen Kiefernwald. Es duftet sehr stark und die Landschaft
ist friedlich. Mehr Rennvelofahrer überholen mich und grüssen
freundlich. Auf den letzten Meter begleiten mich zwei Frauen aus
Australien.
Oben angekommen bekomme ich einen kleinen Beifall und
werde spontan zum Snack eingeladen. 13 Uhr bin ich oben, super ich
hab es geschafft und blicke auf ein schönes Tal zurück. Vor mir
liegt nun einen gute Abfahrt bis zum Camping. Nachdem ich mich bei
John und Nico für den Snack bedankt habe lasse ich es rollen!
Erstaunlicherweise ist der Wind kühl und es friert mich trotz
windabweisender Jacke etwas.
Mittlerweile ist es
in Korsika sehr heiß geworden, tagsüber sind bis zu 30°C und daher
breche ich meist früher als sonst auf.
Porto nach Corte:
86.7 km
1825 Höhenmeter
2 Tage
Porto nach Corte:
86.7 km
1825 Höhenmeter
2 Tage
Die Fahrt nach Corte ist kurz
und wunderschön! Nichts ahnend fahre ich in eine spektakuläre
Schlucht – Scala di Santa Régina. Nicht der Gegenwind ist Schuld
an meinem langsamen Vorwärtskommen, nein es ist die Landschaft.
Immer schmaler windet sich die Strasse durch die Enge.
Zum Glück
sind wenig Autos unterwegs und ich kann überall anhalten wo ich
möchte. Nach mehr als einer Stunde spuckt mich die Felslandschaft
flussabwärts wieder aus.
kleines Dorf am Hang |
Ein kleiner Anstieg ist noch zu bezwingen
bevor ich nach Corte reinrolle. Der erste Eindruck: Das könnte auch
Chur sein. Ich fühle mich gleich heimisch. Ich beziehe mein Basecamp
im Camping U-Sognu und ich weiss, hier bleibe ich länger!
Nun bin ich eine
Woche in Corte. Es wird Zeit wieder die Strasse unter die Räder
zunehmen. In der Stadt bin ich mitlerweile bekannt wie ein bunter
Hund - mit Rastas ;-) und einem gelben Fahrrad. Die Kassiererin im
Spar freut sich über meinen täglichen Besuch. Der Kellner im Café
du Cours hat mir sogar erlaubt, das gekaufte Sandwich vom Bäcker essen zu
dürfen.
Der Eismann, Fred spendiert mir, seitdem ich das zweite Mal
aufgetaucht bin, gratis Wasser. Wir kommen ins Gespräch und er
empfielt mir eine tolle Wanderung, die nicht so viele kenne.
Corte wird im
allgemeinen als Ausgangspunkt für Wanderungen genutzt. Die einzige
Universitätstadt in Korsika hat ein besonderes Flair. Sie wirkt auf
mich jung und alt zu gleich. Vorzugsweise bewege ich mich in der
Altstadt, die Neustadt hab ich nicht erkundet.
Der Herr auf dem Sockel ist übrigens Herr Pascale Paoli. Er war DER Widerstandskämpfer und Revolutinär Korsikas. Er regiert 1755 bis 1768 vorübergehend Korsika und ernannte Corte zur Hauptstadt. Die Universität ist nach ihm benannt. Heute noch wird Corte von den Einheimischen als heimliche Hauptstadt gesehen.
spektakulär - die Citatelle in Corte |
Der Lebensmittelladen von Jean-Marie Chionga ist der Hammer! So urig und kitschig zu gleich. Vollgestopft mit allem möglichen bis unter die Decke. Ich kann mich kaum drehen im Laden und dabei bin ich allein, keine weitere Kundschaft!
Wein und Olivenöl bezieht er für sein Geschäft aus der Balange, dem Garten Korsikas. Er behauptet stolz, dass er das älteste Geschäft Europas führt, es bestehe seit 1800. Dies tut er auf einigen Plakaten vor seinem Laden kund. Na, ob das stimmt?
Wanderung Talvignanotal
Sobald die Sonne da
ist, wird es fast schon unerträglich heiß. Ich beschliesse sehr
früh zur 4 Stunden Wanderung aufzubrechen. Um 6 Uhr laufe ich los.
Es ist kühl, die Sonne geht langsam auf und keine Menschenseele ist
auf der Strasse.
Der Weg liegt noch im Halbdunkel vor mir und die
Berge glühen breits im Morgenlicht. Der nicht mehr ganz volle Mond
steht kurz über den Bergspitzen. Es ist ein Moment wie aus einem
Traum.
Ich komme auf dem Steinplattenweg sehr gut voran, es geht auf
und ab. Meistens bewege ich mich im Schatten, die Kiefern und
Kastanienbäume stehen teilweise dicht zusammen.
Angekommen auf einem
kleine Vorsprung öffnet sich vor mir ein tiefes felsiges Tal, der
Fluss rauscht vor sich hin, die Vögel singen und der Weg ist an der
Felswand gut sichtbar. Der alte Maultierpfad führt hinunter zum
Fluss.
Der Gedanke an die
aufkommende schwüle Wärme vor dem Tal erinnern mich an den Rückweg.
Mein Picknick verschiebe ich auf den kleinen Vorsprung mit dem
sensationellen Blick ins Talvignanotal.
Bereits um 11 Uhr
stehe ich bei Fred und belohne mich mit einem leckeren Eis.
Wanderung Orientesee
Die Wanderung zum
Orientesee ist ein Teil des Aufstieges zum Monte Rotondo (2622m).
Voller Elan denke ich, dass ich auch auf den Berg hinaufgehen
könnte. Bis mir dann ein Einheimischer sagt, dass man zu dieser
Jahreszeit Steigeisen benötigt, da noch Schnee liegt. Gut, dann halt nur bis zum See.
Der
Einstieg für die Wanderung liegt ca. 11 km im Restonicatal vom
Camping entfernt. Ich laufe 6:30Uhr auf dem Camping los um per
Autostopp zum Ausgangspunkt zugelangen. Doch die Korsen und die
Touris scheinen noch zu schlafen. Ich bin schon 3km gelaufen, bis
mich ein Korse mit seinem Hund mitnimmt. Der Start liegt auf 1000müM,
es sind 3h angeschrieben. Mein Ziel der See wartet auf 2065müM.
7:30Uhr laufe ich ab.
Der Weg ist steinig, rutschig und steigt
schnell an. Wieder geht es durch einen Kiefernwald im Zickzack steil
bergauf. Ich schwitze jetzt schon und das im Schatten.
Auf dem Kamm
angekommen, hab ich einen tollen Blick über die Berglandschaft. Eine
kurze Pause um diesen Moment zu geniessen liegt drin. Für den
weiteren Aufstieg gibt es nun keinen Schatten mehr, es geht steil
aufwärts.
Dann erblicke ich die ersten Bergspitzen vom Monte
Rotondo. Es erinnert mich ein klein wenig an Patagonien. Ich hab die
Torres de Paine zwar nicht gesehen, aber von den Bildern her,könnte
es Minipatagonien sein.
Ein Wasserfall ergiesst sich über die Felsen
im Vordergrund, das muss der Abfluss vom See sein. Es ist nicht mehr
weit. Ha... denkste, ich laufe und laufe und der Wasserfall kommt
einfach nicht näher. Immer wieder windet sich der Weg über Steine
und Felsen. Kurz vor dem Ziel bin ich völlig unterzuckert und mein
Körper zwingt mich zu einer Pause. Bisher hatte ich nur einen
Tourist gesehen, der war auf dem Abstieg. Sonst niemand hier oben in
der Gebirgswelt. Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel und die
ersten sehr dunklen Wolken ziehen auf. Mit Sorgen beobachte ich das
Geschehen am Himmel. Leichte Panik überkommt mich, sollte ich
umdrehen? Dank des Glycoramins bin ich schnell wieder mit meinen
Gedanken beim wesentlichen. Ich esse noch etwas und warte. Da kommt
ein Franzose vorbei gejoggt, ich beobachte ihn und merke mir den Weg.
In Koriska sind die Wanderwege tw. recht schlecht beschriftet. Auf
dieser Wanderung bin ich 3x vom Weg abgekommen. Dank meines GPS, auf
das ich vorher die Route geladen hatte, finde ich problemlos zurück.
Nach meiner Pause gehe ich weiter. Ich quere noch ein letztes Mal den
Fluss und nach 10 Minuten stehe ich 10:08 Uhr vor dem kleinen See!
Und ich wollte umdrehen, das wäre sehr ärgerlich gewesen, zumal ich
in 2h und 40min oben war. Die Wolken am Himmel wachsen im rasenden
Tempo und ich kann den See nicht wirklich geniessen, nach nur 15
Minuten trete ich den Rückweg an.
Der Abstieg ist nicht ganz
einfach, die Knie schmerzen und der rutschige Untergrund ist immer
für eine Überraschung gut. Ich treffe insgesamt noch sieben Leute
die im Aufsteig sind, mehr nicht. Das ist eine einsame Wanderung im
vergleich zum Massentourismus am Melosee (einstündige Wanderung am
Ende des Restonicatals). Zurück an der Strasse hält gleich das
erste vorbeifahrende Auto, 2 Holläner, sie nehmen mich mit bis nach
Corte. Ich bin Mittag 12:30 Uhr zurück. Traumhaft, ein Eis und eine
Siesta stehen jetzt noch an. Am Nachmittag regnet und gewittert es
dann tatsächlich.
Wanderung Arche di
Corti
Der Tipp von Fred,
stellt sich als absoluter Glücktreffer raus. Diese Wanderung finde
ich nicht mal im Wanderführer. Ich lade einen GPS Track aus dem
Internet auf das GPS und suche noch einen Mitstreiter. Fred meinte
diese Wanderung ist schwierig, steil und mit Kletterei verbunden.
Irgendwie ist es wie verhext, ich finde niemanden und am Tag drauf
sagt mir Fred, jemand anders sucht auch einen Mitwanderer, aber der
sei heute schon hochgegangen usw.
Letztendlich beschliesse ich allein
zu gehen und ggf umzukehren wenn es zu heikel wird. Ganz
kurzentschlossen kommt Helena dann doch noch mit. Helena und Hugo
sind aus Luzern und mit dem Wohnmobil auf dem Camping.
Ich verstehe
mich sehr gut mit den beiden, wir verbringen einen Nachmittag
miteinander in Corte. Hugo muss sein Knie noch schonen, Helena würde
gern mitkommen. Super, also los geht’s.
Wir laufen gegen 6 Uhr ab,
der wolkenlose Himmer verspricht wieder einen heissen Tag. Im
Sonnenaufgang steigen wir auf einem Kamm bergaufwärts.
Kurz nach
Sonnenaufgang erreichen wir ein kleines Kiefernwäldchen, der Boden
ist mit saftiggrünem Farn bedeckt. Der Weg schlängelt sich zart
hindurch. Bald kommen wir an eine steinige Stelle, es geht steil
hoch. Auf einer kleinen Lichtung blicken wir auf ein weiteres
geniales Bergpanorama.
Wieder ein Jogger überholt uns und kommt auch
schon bald wieder runter. Wir fragen ihn wie weit es für uns noch
ist, er meint eine Stunde noch, es war 8:15 Uhr.
Und er sollte recht
behalten, die letzten 250 Höhenmeter sind mit leichter Kraxelei
verbunden und wir schauen immer wieder an den Bergen hinauf und
suchen den Steinbogen. Nichts. Hm... der muss doch bald mal kommen! Mein GPS verrät auch nicht den Ankunftspunkt. Und plötzlich steht
er direkt vor mir, da er sich vom Hintergrund nicht abhebt, ist er
schlecht zu erkennen.
Wo ist er denn? Findet den Steinbogen... |
Wir sind am Ziel und der Steinbogen ist
wunderschön, grösser als ich dachte und gigantisch anzusehen. Ich
bin so glücklich, das ich hierher gefunden hab. Einfach toll!
Wir machen viele Fotos und picknicken gemütlich.
Dabei beobachten wir den Himmel, es
ist ein Gewitter für Mittag angekündigt und die ersten Wolken
türmen sich auf. Bald machen wir uns an den Rückweg. Insgesamt
treffen wir 8 weitere Wanderer. Wir waren die zweiten oben, nach dem
Jogger :-)
In praller
Mittagshitze erreichen wir 12:30 Uhr Corte und sind froh so früh
gestartet zu sein. Immerhin waren es 1200 Höhenmeter.
Nach meinem obligatorischen Eis, begeben wir uns zur Siesta. 14 Uhr beginnt es, das Gewitter!
Nach meinem obligatorischen Eis, begeben wir uns zur Siesta. 14 Uhr beginnt es, das Gewitter!
Wiedermal alles
richtig gemacht.
Nun wird es Zeit... ich muss das Café in dem ich sitze und Bericht schreibe verlassen um mein letztes Eis bei Fred zu essen...
Liebe Grüsse und bis bald
Mokie
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen